Der sympathische und aufgeschlossene Japaner Fujukiyo Omura ist seit 1990 Karate-Instructor in Thailand. Der am 1. Mai 1953 in der Präfektur Shizuoka geborene Omura begann mit dem Karate-Training im Alter von 17 Jahren auf der High-School, nachdem er zuvor Judo als Hauptsportart betrieben hatte. Mit 18 Jahren wechselte er nach dem Abitur zur Takushoku Universität nach Tokyo.
An der Kaderschmiede des Shotokan-Karate kam Omura unter die Fittiche des Karate-Lehrers der Takushoku-dai, Katsunori Tsuyama. Schon unser Chief-Instructor H. Ochi machte dreizehn Jahre vorher seine entscheidenden Schritte unter dem berühmten Karate-Lehrer, der mittlerweile Professor für Sportwissenschaft an dieser Universität ist. Obwohl der junge Omura erst ein halbes Jahr Karate betrieben hatte, wurde er dank des pädagogischen Geschicks seines Lehrers innerhalb des vierjährigen Studiums und Karate-Trainings an der Takushoku-dai zur Spitze im japanischen JKA-Karate geführt.
Nach dem Ende des Studiums wechselte er zum JKA Honbu Dojo und trat in die Instructor-Class unter der Leitung des damaligen Chief-Instructors der JKA, Masatoshi Nakayama, ein. Nach der zweijährigen Ausbildung und dem Bestehen der Instructor-Prüfung wirkte er dort bis 1990 als Instructor. 1979 gewann Omura die Alljapanische Meisterschaft der JKA im Kumite Shiai. 1980 war er Mitglied der japanischen Nationalmannschaft, die unter Leitung von Meister Nakayama am Gasshuku in Kempten teilnahm, mit der deutschen Nationalmannschaft dort gemeinsam trainierte und drei Wochen später in Bremen bei der IAKF-Weltmeisterschaft im Finale dem deutschen Team gegenüberstand. Omuras Gegner war Jürgen Hoffmann, der ihn damals besiegte. Bei der Schilderung dieser Erlebnisse lacht der Instructor herzlich und offen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, wie sich solche Kämpfe unauslöschlich in das Gedächtnis von Spitzenathleten eingegraben haben und wie sie in der Rückschau anerkennend über ihre damaligen Gegner sprechen.
1990 erhielt er einen Ruf nach Thailand, um dort als Chief-Instructor der JKA zu wirken. Er unterrichtet nun an zwei Universitäten in Bangkok sowie an der Militärakademie, außerdem hat er noch sein eigenes Dojo. Allerdings ist Karate in Thailand wenig populär. Es entspricht nicht der Mentalität der Menschen in diesem hinterindischen Königreich. Die Thais bevorzugen andere Sportarten neben ihren eigenen traditionellen. So ist beispielsweise Badminton sehr beliebt, aber auch das koreanische Taekwon-do hat mehr Anhänger als Karate.
Omura-Sensei wirkt aber nicht nur in Thailand, sondern in letzter Zeit verstärkt auch in den südostasiatischen Ländern Myanmar (Burma), Vietnam, Singapore und Indien. Besonders in Vietnam und Myanmar sind die Karateka erstaunlich stark. In Vietnam wird sehr hart trainiert, die Sportler sind im Kumite gefürchtete Gegner, in der Kata sind sie nicht so gut. Anders hingegen in Myanmar. Hier haben die Karateka trotz fehlender japanischer Lehrer im autodidaktischen Studium nach den Kata-Büchern und Video-Filmen von M. Nakayama es zu einer bemerkenswerten Fertigkeit gebracht.
Auch in Indien gibt es einen wahren Karate-Boom. Eine schier unübersehbare Anzahl von Verbänden betreibt neben etlichen anderen Stilen Shotokan in den unterschiedlichsten Variationen.
Was gefällt Omura-Sensei nun hier in Deutschland am Gasshuku? Er ist beeindruckt vom Organisationsgeschick der ausrichtenden Dojos unter der Leitung ihrer jeweiligen Dojoleiter, die es verstehen, 800 bis 1.300 Karateka über eine Woche lang in vielfältigen Aktivitäten zu betreuen. Ebenso wie Stan Schmidt ist er überrascht, daß der Name „Gasshuku“ in Deutschland geschützt ist und nur vom „Gasshuku e.V.“ benutzt werden darf. Es gibt auch in anderen Ländern diese JKA Gasshukus oder Sommercamps. So in New York mit Masataka Mori, in San Diego mit dem inzwischen verstorbenen Hidetaka Nishiyama (10.10.1928 – 7.11.2008) sowie in Philadelphia mit Teruyuki Okazaki oder in Belgien mit dem ebenfalls verstorbenen Meister Satoshi Miyazaki (17.06.1938 – 31.05.1993). In Deutschland findet das Gasshuku an wechselnden Orten statt und nicht immer in derselben Stadt wie in den vorher genannten Ländern.
Omura-Sensei und seine charmante Gattin sprechen fließend Englisch und so ist es wesentlich leichter, mit ihnen in ein tiefer gehendes Gespräch zu kommen. Als Resümee läßt sich sagen, Omura-Sensei hat die gleiche Karate-Schule wie unser Ochi-Sensei durchlaufen: die Takushoku-dai unter Meister Tsuyama und die harte Instructor Class der JKA unter Nakayama-Sensei. Und das prägt für ein ganzes Leben.
© Dr. Fritz Wendland