Wer schon einmal die traditionellen Vorführungen bei den Gasshuku gesehen hat, wird sicherlich von der Dynamik unseres JKA-Instruktors Marijan Glad beeindruckt gewesen sein. Diese explosionartigen Techniken eines mittlerweile Mittvierzigers sind schon außerordentlich. Welche Karriere hat M. Glad hinter sich, wie hat er sich zu so einem brillanten Karateka entwickeln können?
Mit sechs Jahren kam Marijan Glad mit seinen Eltern aus Kroatien nach Deutschland, hat hier die Schule besucht und seine Berufsausbildung absolviert. Wie sein Freund Toribio Osterkamp ist er Amateur geblieben, praktiziert Karate nur in der Freizeit. Beruflich ist M. Glad Disponent bei einem großen Landmaschinenhersteller in Ludwigshafen. Während seiner aktiven Zeit als Nationalkämpfer in allen Disziplinen war dies mehr als eine Doppelbelastung.
Eigentlich wollte M. Glad als Jugendlicher mit dem Judo beginnen. Aber diesen Plan mußte erzunächst auf Eis legen, weil er durch einen Unfall verletzt worden war. Bei einem Kinobesuch stieß er zufällig auf eine Karatedarstellung und war so fasziniert von dieser Kampfkunst, daß für ihn der Weg klar war. Mit 16 Jahren startete er seine Karatelaufbahn in Ludwigshafen unter Edmund Schneider. Das tägliche Training zahlte sich nach drei Jahren mit dem Schwarzgurt aus. Bei der Shodan-Prüfung wurde unser Chief-Instructor H. Ochi auf das junge Talent aufmerksam. Im Dojo Heidelberg, in das ihn Norbert Hippler eingeführt hatte, kam er durch Heinz Domke zu dem Karate, das ihn bis heute auszeichnet. Bei einem Bundesbestenlehrgang in Kempten wurde er dann von Bundestrainer Ochi in das Kata-Team mit den damaligen Spitzenathleten Robert Rege und Horst Rühl berufen. Von nun an ging es rasant vorwärts mit der internationalen Karriere: erster Einsatz im Kata-Team bei der Europameisterschaft der damaligen European Amateur Karate Federation 1978, anschließend beim Europäischen Shotokan-Cup in Dänemark Einsatz als Kumite-Kämpfer. Von nun an war Marijan Glad bei allen internationalen Einsätzen des ehemaligen Deutschen Karate-Bundes DKB dabei. Er war der am meisten „beschäftigte“ Kader-Athlet der deutschen Mannschaft: Start im Kumite-Einzel und der Mannschaft, das gleiche in der Kata-Disziplin. Seinen letzten internationalen Start hatte er bei der European Karate Union EKU Europameisterschaft 1986 für den Deutschen Karateverband DKV in Madrid.
Noch während seiner aktiven Nationalkämpferzeit wurde er 1983 zum Honorartrainer des DKB und später des DKV (wie auch einige andere ehemalige Kader-Athleten) berufen. Von da an ist er nicht mehr aus dem Trainer- und Lehrgeschäft wegzudenken. Von 1983 bis 1986 war er darüberhinaus noch Landestrainer von Rheinland-Pfalz. Seit der Gründung des DJKB ist er JKA-Instruktor für unseren Verband und gehört zum festen Bestand des Trainer-Teams mit Toribio Osterkamp und Risto Kiiskilä unter Bundestrainer Ochi, vor allem bei den jährlichen Kata-Special und den Sommer-Gasshuku.
Die Faszination des Karate hat sich bei Marijan Glad von seiner ersten Begegnung mit dieser japanischen Kampfkunst bis heute gehalten. Was fesselt ihn daran, daß er so viele Wochenenden als Karate-Botschafter unterwegs ist, wo er doch eine nette Frau und zwei kleine Kinder und darüberhinaus einen fordernden Beruf hat? Neben dieser Faszination ist es konkret die Freude am Lehren und dem feed-back durch die Schüler. Er möchte zudem das an die Trainierenden weitergeben, was er selbst in seiner mittlerweile dreißigjährigen Karatezeit lernen und erleben durfte. Seine Familie gibt ihm die Kraft für sein umfangreiches Trainingsprogramm im Dojo, an den Wochenenden und bei den großen Lehrgängen.
Während seiner aktiven Zeit als Wettkämpfer hat M. Glad verschiedene Stationen der Karate-Adaption durchlaufen. Der DKB hatte ihm eine solide Basis gegeben, so daß er auch im Gewichtsklassensystem des DKV zurechtkam. Aber grundsätzlich müßte jeder Karateka vom eigentlichen Verständnis einer Kampfkunst her gegen jeden Angreifer, wie im Straßenkampf, bestehen können. Jeder Karateka hat seine Techniken entsprechend seinem Körper zu entwickeln. Insofern war das Kennenlernen anderer Systeme und Stile für ihn nicht schlecht, weil es seinen Horizont erweiterte. Er selbst hat von all seinen Trainern und Systemen etwas für sich mitgenommen. So haben ihn Eugen Müller und der verstorbene Hans Geiger im Kumite ebenso beeindruckt wie Jürgen Willrodt in der Kata.
Da Marijan Glad von Natur aus dynamisch ist, hat er dies auch beim Kumite ausgenützt. Er hat viel beobachtet und für sich daraus die Konsequenzen gezogen. Er wollte vor allem für die Gegner nicht berechenbar sein. Von daher führte er seine Techniken aus allen Positionen aus.
Wohin geht Karate? Diese Frage stellen sich viele ältere Karateka, die schon einen langen Zeitraum an Praxis überblicken. Für Marijan Glad entwickelt sich das Karate in seinen vielfältigen Möglichkeiten weiter. Wurde früher mehr die statische und kraftvolle Technik bevorzugt so geht jetzt der Weg mehr zur Flexibilität hin. Aber der rote Faden des Shotokan-Karate bleibt bestehen. Alledings muß der Trainer heute mehr bieten als in früheren Jahren, weil die Ablenkung durch viele andere Dinge größer geworden ist.
Fazit unseres JKA-Instructors: „Karate heißt gegen den Strom schwimmen. Wer mitschwimmt, gibt sich auf und geht letzten Endes unter.“
© Dr. Fritz Wendland