Shinji Akita

Karatelehrer in England

Nanu, ein wohldurchdachtes Training, exzellente Techniken an der richtigen Stellung vorgemacht und erklärt – und kein JKA-Instructor, auch kein Sieger bei japanischen Meisterschaften: und dann Lehrer beim Gasshuku in Konstanz 1999? Wie kommt das? Der noch junge Karatelehrer Shinji Akita wurde von unserem Chief-Instructor H. Ochi in England „entdeckt“, als er dort als Gasttrainer beim Gasshuku von Sensei Kawasoe mitwirkte. Mit seinem Gespür für gute Trainer hatte unser Bundestrainer wieder einmal seinen „richtigen Riecher“ bewiesen. Dabei geht es ihm einerseits darum, beim Gasshuku in Deutschland „neue“ Gesichter vorzustellen und andererseits diesen Trainern auch eine Erweiterung ihres Horizontes zu ermöglichen. Schließlich ist das Gasshuku in Deutschland in seiner Konzeption und Größe im Rahmen der weltweit vertretenen JKA einmalig.

Shinji Akita wurde 1965 in Gifu, einer Stadt zwischen Nagoya und Kyoto gelegen, geboren. Im Alter von 12 Jahren kam er erstmals auf der Junior Highschool mit Karate in Berührung. Von da an ließ ihn diese Kampfkunst nicht mehr los, obwohl er als Schüler auch noch Kendo und Sumo (!) betrieb. Im Sumo nahm er auch an Schülermeisterschaften teil. Mit 17 Jahren legte er an der Highschool die Prüfung zum Shodan ab. Ein Jahr später wechselte er nach Tokyo an die Takushoku-Universität, um Wirtschaftswissenschaften zu studieren. Dort geriet er in die Kaderschmiede von KatsuhiroTsuyama, Ochi-Senseis erstem Lehrer und häufigem Gast bei unserem Gasshuku. Während seiner Studentenzeit nahm Akita an den Hochschulmeisterschaften sowie den JKA- und JKF-Meisterschaften teil, konnte allerdings keine Titel gewinnen.

Nach Abschluß seines Studiums im Jahre 1987 ging er direkt nach England, um seine Sprachkenntnisse zu verbessern und Karate zu unterrichten. Ermöglicht wurde dies durch seinen ersten Karatelehrer in Gifu, ebenfalls Absolvent der Takushoku-Universität und gut bekannt mit Herrn Kawasoe, der seit vielen Jahren Instructor in England ist. So wurde Akita zunächst Assistent bei Kawasoe. Seit sechs Jahren hat er außerdem ein eigenes Dojo im Westen von London. Da Kawasoe sich der „International Traditional Karate Federation“ ITKF von Hidetaka Nishiyama angeschlossen hatte, folgte auch Akita seinem Mentor zu dieser Organisation, die eine sehr anspruchsvolle und kaum durchführbare Form des Kumite praktiziert. Nach der Anerkennung der WUKO, jetzt WKF, durch das IOC hatte Nishiyama ein neues Wettkampfsystem im Kumite geschaffen, um sich von den anderen Verbänden abzugrenzen und der Versportlichung des WKF-Karate entgegenzuwirken. Durch die Verbindung zur ITKF hat Akita auch bereits bei  der bekannten Sommerschule von Nishiyama in San Diego, Kalifornien, als Instructor mitgewirkt. Diese Sommerschule verbindet sowohl praktische wie auch theoretische Aspekte des Budo. Es werden neben Karate auch andere Budodisziplinen unterrichtet. Der Teilnehmer kann sich sozusagen für verschiedene „Kurse einschreiben“.

Akita hat keine Sport- oder Karatelehrerausbildung genossen. Sein Wissen hat er als Autodidakt durch das Studium von Büchern über Trainingslehre, Sportwissenschaften, Biomechanik usw. erworben. Darüberhinaus liest er viel über die japanische Geschichte, besonders über die Samurai. Die Erkenntnisse aus beiden Richtungen, moderne Sportwissenschaft einerseits und Tradition andererseits, versucht er in seinem Training umzusetzen. So läßt sich bei seinem Training das didaktische Grundprinzip „vom Einfachen zum Schweren“, „von der Statik zur Dynamik“ leicht nachverfolgen. Darüberhinaus macht er die Übungen präzise und dynamisch vor. Sein Training durchzieht ein „roter Faden“, dem der aufmerksame Trainierende gut folgen kann.

Akita ist mit einer Italienerin verheiratet, die ebenfalls Karate (als Amateurin) betreibt. Er möchte Karatelehrer bleiben und für sich aus dem Training lernen. Er beobachtet sowohl sein eigenes Training wie auch seinen Unterricht kritisch, um daraus für sich die entsprechenden Schlußfolgerungen zu ziehen. Er will dabei etwas über sich selbst und über Karate lernen.

© Dr. Fritz Wendland